Sherlock Holmes in Leipzig by Wolfgang Schüler

Sherlock Holmes in Leipzig by Wolfgang Schüler

Autor:Wolfgang Schüler
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: KBV Verlag
veröffentlicht: 2011-02-13T05:00:00+00:00


5. Kapitel:

Die Überfahrt

Holmes stand am Tisch, die Hände tief in die Hosentaschen vergraben und das Kinn auf die Brust gesenkt. »Ich glaube, wir sollten jetzt die Polizei rufen«, sagt er.

Arthur Conan Doyle, Der Schreiber des Börsenmaklers

STÜRMISCHE SEE

Aus den Aufzeichnungen von Dr. Watson

Gegen ein Uhr in der Frühe verließen Holmes und ich den Musiksalon, um uns für den Rest der Nacht in unsere Kojen zurückzuziehen. Die meisten übrigen Ensemblemitglieder waren noch anwesend und tollten ausgelassen herum. In der zwar beengten, aber anheimelnden Kajüte entledigte ich mich zuvörderst der drückenden Lackstiefel und fühlte mich gleich viel wohler.

»Wie wäre es mit einem steifen Gin Fizz?«, fragte mich Holmes, der sein Geld auch als Barmixer hätte verdienen können.

»Da sage ich nicht nein«, entgegnete ich erfreut.

Holmes verschwand auf dem Gang. Ich öffnete ein Bullauge, ließ frische Luft in den Raum strömen und schaute hinaus in die Nacht. Das Meer rauschte beruhigend. Ab und an stahl sich der Mond für einige Augenblicke hervor, tauchte alles in ein mildes, gelbes Licht und ließ das schwarze Wasser weit unter mir wie eine Sammlung der schönsten Edelsteine funkeln. Weitab hinter der dichten Wolkendecke sah ich entferntes Wetterleuchten. Ein Unwetter schien heraufzuziehen. Mir fröstelte, und ich schloss das Fenster. In diesem Moment kam Holmes schwer bepackt zurück. Er verteilte den Inhalt einer stattlichen Hausbar auf dem Tisch, tat einige Eiswürfel in einen Shaker und füllte mit vier Teilen Gin, zwei Teilen Zitronensaft sowie einem Teil Zuckersirup auf. Er schüttelte die Mixtur gut durch und goss den Inhalt über einen Strainer[1] in zwei gefrostete Highball-Gläser[2], in denen die Eiswürfel fast bis zum oberen Rand standen. Das Ganze wurde mit einigen Spritzern Soda nebst dekorativen Zitronenscheiben abgerundet.

Ich nahm mir ein Glas, stieß mit meinem Freund an und trank einen großen Schluck. Der Gin Fizz mit seiner herben Wacholder-Note schmeckte unvergleichlich köstlich. »Äußerst erfrischend«, lobte ich den Meister.

»Selbstverständlich darf man nur die besten Zutaten verwenden. Mit minderwertigem Schnaps lässt sich kein guter Cocktail mixen. Aber das eigentliche Geheimnis liegt in der Konsistenz des Eises verborgen. Es muss tiefgefroren sein. Angeschmolzenes Eis verwässert einen Cocktail zu sehr und verdirbt dadurch jeden Drink.«

»Schön, schön, freilich – aber woher nimmt unser Barmann auf seinem Schiff mitten im Mai und noch dazu auf hoher See das Eis?«

»Die Fähre legt täglich im Hafen an und kann dort genauso bequem wie ein Privathaushalt mit dem nötigen Frischeis für die Eisschränke beliefert werden. Der Unterschied zwischen einfachem Gebrauchseis und dem Eis für die Drinks liegt nur in den Kältegraden. Weder die Herstellung noch die Lagerung von tiefgefrorenem Eis sind sonderlich kompliziert. Es wird im Winter bei Temperaturen von 0 Grad Fahrenheit[3] in großen Blöcken gegossen und anschließend in wärmeisolierten Eiskellern gelagert.«

Ich nickte zustimmend und knackte einen Eiswürfel mit meinen Zähnen, was ich schon als Kind mit Vorliebe getan hatte.

»Wie hat dir der Abend gefallen?«, wollte Holmes wissen

»So lala«, antwortete ich. »Die anderen Anwesenden waren im Vorteil, weil sie sich meistenteils kannten. Ich stand ein wenig verloren in der Ecke herum, da es mir an Gesprächspartnern mangelte. Aber das wird sich im Verlauf der Reise schon noch geben.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.